![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
![]() Legendenhafter Ursprung?
Um die Bergkirche rankt sich so manche Legende, so auch die
folgende: In dieser
Gegend sollen einmal drei Schwestern gelebt haben, eine der
drei Frauen war blind.
Eines Tages erbten die drei Schwestern eine Menge Geld. Als
sie die vielen
Goldstücke untereinander teilten, nahmen sie als
Messgerät den damals üblichen
Scheffel (altdt. Hohlmaß für Trockengüter).
Mit einem üblen Trick betrogen die
beiden Schwestern ihre blinde Schwester. Sie füllten den
nur ein bisschen
ausgehöhlten Boden des Gefäßes mit
Goldstücken und ließen ihre blinde Schwester
mit der Hand über den angeblich vollgefüllten
Scheffel streichen. Die Blinde
merkte nichts und war zufrieden. Als Dank für das geerbte
Geld ließ jede der drei
Schwestern eine Kirche erbauen. Die von den
betrügerischen Schwestern erbauten
Kirchen, die eine auf dem Petersberg bei Gau-Odernheim, die
andere auf dem
Nazarienberg bei Mommenheim, sind längst zerstört
und vergessen. Die Kirche der
Blinden, die Udenheimer Bergkirche, steht noch heute. Der
Volksglaube erkennt
darin das Gottesurteil über die schändliche Tat der
beiden Schwestern.
Dorfgeschichte und Kirchengeschichte
Die Udenheimer Bergkirche ist ein kultur- und
baugeschichtliches Juwel unter den
rheinhessischen Kirchen. Sie liegt an landwirtschaftlich
hervorragender Stelle,
umgeben von Weinbergen, inmitten eines noch erkennbaren, von
einer alten
Bruchsteinmauer umfassten, alten Friedhofs. Von hier aus geht
der Blick weit in
das rheinhessische Hügel- und Tafelland. Der Platz, auf
dem man römische Gefäße,
Steinspolien und Münzen fand, ist eine alte römische
Siedlungs- und Kultstätte.
Dieser Ort liegt im Schnittpunkt von Feldberg und Taunus und
dem Donnersberg, die
beide an schönen Tagen sichtbar sind. Umgekehrt kann man
das dreifach gegliederte
Kirchengebäude mit romanischem Westturm, gotischem Schiff
und spätgotischem
Altarraum (Chor) schon von Weitem erkennen. 773 wird der Ort
Udenheim erstmals in
einer Urkunde des Klosters Lorsch als >Otenheim<
erwähnt. Dieser Urkunde ist zu
entnehmen, dass eine Holzkapelle, die von iroschottischen
Mönchen erbaut wurde,
als Gottesdienststätte diente.
Die Pfarrei Udenheim, die im Erzbistum Mainz lag, wird im
Jahre 1250 erwähnt.
Weiteren Urkunden ist zu entnehmen, dass von 1527-1685 die
gesamte Gemeinde
lutherisch blieb. Nach dem Friedensvertrag von Münster
und Osnabrück im Jahre 1648
wurde 1685 in Udenheim das Simultaneum durch den Ortsherren
Köth von Wanscheid
eingeführt. Dieses Simultaneum bezog sich
ausschließlich auf die
Konfessionen, nicht aber auf die kirchlichen Gebäude.
Seit dem Jahr 1685 fanden in
der Bergkirche evangelische und katholische Gottesdienste
statt, die
bedauerlicherweise zu schwierigen Auseinandersetzungen
zwischen den Konfessionen
führten. Die Evangelischen protestierten sogar beim
Reichstag in Regensburg und
beim Reichskammergericht in Wetzlar gegen die harten
Bedrückungen, die sie durch
den Ortsherren Johann Philipp Köth von Wanscheid
erlitten.
Bis zum Jahre 1796 hingen drei Glocken in der Bergkirche, die
zu Kriegszwecken von
den Franzosen eingeschmolzen wurden. In den Jahren 1874/75
entstand eine
Besonderheit in der Ortsgemeinde Udenheim: Nachdem die
evangelische Gemeinde einen
Platz gekauft hatte, wurde in der Ortsmitte der 28 Meter hohe
Glockenturm erbaut,
der noch heute zu den Gottesdiensten ruft. Seit dem 15.
September 1986 läutet in
der Bergkirche im Westturm eine neue Bronze "Vater-Unser"
Glocke.
Das 1685 zwangsweise eingeführte Simultaneum wurde durch
einen Vertrag zwischen
evangelischen und der katholischen Kirchengemeinde am 2. Juli
1959 friedlich
abgelöst. Seit dieser Zeit ist die Bergkirche
Alleineigentum der evangelischen
Kirchengemeinde.
Nicht nur des kunsthistorisch bedeutsamen Gebäudes wegen
ist Udenheim bei Kennern
ein Begriff, sondern auch das Udenheimer Kruzifix aus dem 12.
Jahrhundert, das
seit der Aufhebung des Simultaneums in der Godehart-Kapelle im
Mainzer Dom
aufbewahrt wird, gilt als eines der qualitätvollsten
seiner Art.
Ein Gang durch das Kirchengebäude
Betrachtet man von Weitem den Hügel mit seinem
dreigliedrigen Gebäude, so erkennt
man erst bei genauerem Hinsehen, dass es sich nicht um eine
herrlich gelegene
Villa handelt, sondern um eine besondere Kirche.
Den ältesten Teil stellt der dreigeschossige Westturm
dar, der aus dem 12.
Jahrhundert stammt. Während der Turm von drei romanischen
Fenstern im 2.
Obergeschoß belichtet wird, hat er eine
spätgotische Tür, die heute wieder den
Haupteingang bildet. Lange diente der quadratische Turmeingang
als Kohlenkeller.
Die Kreuzrippengewölbe des Westturmes sind mit
prächtigen Schlusssteinen verziert,
die die Jahreszahlen 1518 bzw. 1527 tragen. Der sich im
Erdgeschoß befindliche mit
Trauben- und Laubornamenten verzierte Stein passt
vorzüglich zur Weinlandschaft.
Betritt man nun den Gottesdienstraum durch den
spätgotisch erneuerten Rundbogen,
so befindet man sich im 10 m langen und 9 m breiten
einschiffigen Saalraum des
Langhauses, das seine Form nach einem Brand 1689 erhielt. An
jeder Seite spenden
zwei spätgotische Maßwerkfenster mit Mittelpfosten
und sechssteiligem Rautenstern
ausreichend Licht. Das linke spitzbogige Portal an der
Nordwand stellt, zur Zeit
den Ausgang dar, rechts erkennt man an der Südwand zwei
Pfeiler, deren Arkaden
zugemauert sind.
Während die spätgotische Basilika der
mittelrheinischen Dorfarchitektur
entspricht, so erhielt die Bergkirche mit dem Chorneubau und
den
Umgestaltungsarbeiten zwischen 1518-1527 sehr prächtige
und künstlerisch
hervorstehende Besonderheiten. Insbesondere die hohen
Maßwerkfenster und das
Sternengewölbe übertreffen dörfliche
Kirchenarchitektur. Während der Renovierung
zu Beginn der 60er Jahre schuf der Künstler Heinz Hindorf
für den Chorraum einen
Zyklus von Figurenfenstern, deren Szenen aus dem dem Neuen
Testament und zu Werken
der Barmherzigkeit gemeinsam mit dem damaligen Ortspfarrer Dr.
Werner Stroh
ausgearbeitet wurden. Kleine Einzelscheiben, die Farbigkeit
und Kombination der
Ornamente passen vorzüglich zum spätgotischen
Altarraum. Das leuchtende
Ornamentfenster an der Südseite des Chores lässt die
Figurenfenster im hellen
Licht erscheinen. Die Fenster im Kirchenschiff erhielten ein
Schuppenmotiv aus
echtem Antikglas, für die Maßwerkfüllungen
wurden Blumenornamente des 19.
Jahrhunderts übernommen. Auffällig ist auch das
Kirchengestühl. Während der
Renovierungsarbeiten fand man ein Patronatsgestühl und
drei Wangen von
Kirchenbänken mit Flachschnitzerei verziert, die aus der
Werkstatt Erhard
Falkeners aus Abensberg in Bayern stammen. Da alte rote,
grüne und gelbe Farbreste
vorhanden waren, konnten diese sichtbar bleiben und die neue
Farbgebung
genauestens bestimmt werden. Eine vierte gefundene Bankwange
wurde mit neubemaltem
Füllbrett zusammen mit den drei anderen zu den linken
Kirchenschiffbänken
zusammengefasst. Völlig neu, aber in Konstruktion,
Farbgebung und den Füllbrettern
dem barocken Gestühl angepasst, ist das im Altarraum
umlaufende
Presbyteriumsgestühl.
Bei der Aufhebung des Simultaneums nahm die katholische
Kirchengemeinde den
barocken Hochaltar aus dem Altarraum heraus.
Glücklicherweise fand sich unter der
barocken Altartischverkleidung der alte gotische Steinaltar,
der nur geringfügig
ausgebessert werden musste und nun das Zentrum des Altarraumes
bildet. Passend zu
diesem Altar wurde aus Flonheimer Sandstein die Kanzel neu
gearbeitet. Aus diesem
einheimischen Sandstein wurden auch Platten für
Fußboden, Altarpodest und die
Stufen zum Altarraum gelegt. Der spätgotische Taufstein
um 1500 mit Maßwerk- und
Astwerkfüllung an allen 7 (!) Seiten verziert, erhielt
einen neuen Kupferdeckel
mit einem Fisch als Griffschmuck.
Nach dem Abbruch der Nordempore ist die Westempore der Kirche
über eine angekaufte
barockeichene Spindeltreppe eines Westerwälder
Bauernhauses zugängig. Eine
barocke Emporenstütze konnte für die Westempore
wiederverwendet werden, die zweite
wurde wie auch die Emporenbrüstung neu gearbeitet. Heinz
Hindorff untersuchte
Wände und Gewölbe auf dass Gründlichste nach
alten Malereien, bevor die notwendige
Neuausmalung des Kircheninneren erfolgte. Als schönster
Fund kam zwischen Westturm
und erstem Fenster eine qualitätsvolle Steifenkomposition
zum Vorschein. Durch ein
dreifaches Band in Rot-Gelb-Rot nach oben und ein einfaches
Band nach unten wird
ein Fries gerahmt, dessen erhaltene Szenen aus den alten
Testament zeigen: Ein
Mann hackt unter einem Birnbaum und eine Frau dreht unter
einem Apfelbaum den
Spinnrokken. Der Apfelbaum trennt dieses Bild von Adam und Eva
nach dem Sündenfall
"als Adam grub und Eva spann" vom zweiten Bild, das oben in
der Rundmandola das
Brustbild Gott-Vaters zeigt, der zu einer mit dem Kreuzesmal
über dem Haupt
gezeichneten Jünglingsgestallt mit dem antiken Redegestus
"Kain, wo ist dein
Bruder Abel?" spricht. Die erschlagene Gestalt des Bruders ist
rechts in der
Rückenlinie bruchstückhaft erhalten. Ohne Zweifel
war der Fries früher nach Osten
weitergeführt. Man vermutet Schöpfungsszenen,
Sündenfall und Vertreibung. An der
Nordwand dürften Szenen aus dem Neuen Testament gemalt
gewesen sein. Aufgrund der
Haartracht Adams, der Kleidung und deren Faltenstil sowie der
Baumdarstellung kann
man als Entstehungszeit etwa die Zeit um 1300 annehmen.
Weitere Details zum Kircheninnern sind den Aufsätzen aus
der Ortschronik Udenheims
zu entnehmen, die 1973 zur 1200-Jahr-Feier erschien und bei
der Ortsgemeinde
erhältlich ist.
Das Gebäudeäußere wurde vollständig als
glatter Handkellenputz aus altem Sumpfkalk
und Rheinsand erneuert und weiß gestrichen. Die
Eckquader am Westturm, den
Fenstern, Strebepfeilern und dem Maßwerk am Alterhaus
wurden in gelb-grauen
Naturton des Flonheimer Sandsteins mit Mineralfarben
behandelt. In den Jahren 2000
und 2001 wurde die Bergkirche einer kompletten
Außenrenovierung unterzogen.
Die alte Kirchhofsmauer wurde stilgetreu ausgebessert. Das Tor
erhielt ein
schmiedeeisernes Gitter mit Rautenmotiv. Die wertvollsten
alten Grabsteine
erhielten einen Ehrenplatz. Eine neue Gartenanlage rundete die
Renovierungs-
arbeiten ab. Mitte der 90-er Jahre wurde die Mauer an einigen
Stellen restauriert.
![]()
![]() Dorothea Klein |